Hero section

Mit Liebe und Handarbeit

ipoma präsentiert

Der Apfel als Kulturgut

Wie Japan den Apfel zum eigenen Kulturgut erhoben hat

  • In Japan werden Äpfel nicht als Snack, sondern als Delikatesse verspeist – und häufig als Einzelexemplare verkauft. Diese Besonderheit der japanischen Kultur hat den Anbau von Äpfeln im Inselstaat maßgeblich beeinflusst und sie zu einem Kulturgut gemacht.
  • Im Artikel "Mit Liebe und Handarbeit"* aus dem Magazin ipoma Ausgabe 02, Christian Heinrich erzählt uns über dieses faszinierende Thema. Hier findest du den ganzen Artikel und einige interessante Links dazu.
  • Am Ende dieser Seite kannst du den Artikel lesen und herunterladen, ebenso wie die ipoma Ausgabe 02, die ihn enthält.  

  

*von Christian Heinrich, S.54, herausg. von exlibris, ©MesseBozen ITA 2022

ist es wie mit der Musik: 

Es braucht immer einen Rhythmus – und wenn sich dann noch eine Melodie dazu gesellt, kann daraus Kunst werden. Den Rhythmus beim Apfelanbau gibt die Natur vor, die Jahreszeiten und das Wetter, das ist in Italien nicht anders als in Norddeutschland, Japan oder Amerika. In Japan jedoch fügen die Apfelbauern diesem Rhythmus ihre eigene Melodie hinzu. Und die Instrumente, die diese Melodie formen, sind Liebe und Handarbeit.

https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/elleci4_r3fb_cd5l_l.jpg
  • So werden in der Präfektur Aomori die Äpfel auf vielen Apfelplantagen Anfang Juli – also etwa 50 bis 60 Tage nach der Vollblüte – in zweischichtige Tütchen eingepackt. Im nördlichen Gebiet von Aomori will man durch das Einpacken vor allem die Lagerfähigkeit der Früchte verbessern, im südlichen Nagano hingegen die Ausfärbung der Früchte. 
  • Die äußere Papierschicht wird 35 Tage vor der Ernte entfernt, die innere – mit Fungiziden beschichtete – eine Woche bevor das Pflücken losgeht. Um in den letzten Tagen einen „Sonnenbrand“ der Äpfel zu verhindern, wird zusätzlich eingenetzt: Große Netze über den Bäumen sollen die Intensität der Sonnenstrahlung abfangen.

Photo Credits by Jane Alden Stevens ©2010 

(von hier bis zum Ende der Seite)

  • Das alles ist so aufwändig, wie es klingt: Beim „Verpacken“ der Äpfel etwa schafft eine Arbeitskraft meist 100 bis 400 Tütchen in der Stunde. Schon für eine mittelgroße Plantage kommen so mehr als 1.000 Stunden zusammen.
  • Doch Japan ist ein Land, das der Tradition verbunden ist. Wenn es Brauch ist, Dinge auf eine bestimmte Weise zu machen, dann hat das einen gewissen Stellenwert – und wird meist ohne Murren und Ungeduld so fortgeführt.  
  • Dazu passt auch die Struktur des Apfelanbaus in Japan: Der arbeitsintensive Anbau mit höchsten Ansprüchen an die Fruchtqualität wird meist in klein strukturierten Familienbetrieben verfolgt.
https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/elleci6_gaim_xtvq_l.jpg
  • Dass sich in Japan die Apfelbauern ihren Früchten derart zeitintensiv und sorgfältig zuwen-den, hat auch mit dem Stellenwert des Apfels zu tun.
  • „Ein Apfel ist bei uns etwas Besonderes. Äpfel sind geschätzte Geschenke zum Erntedankfest und zum Jahresendfest, man bringt sie Freunden und Bekannten bei wichtigen Anlässen mit und überreicht sie auch bei Krankenbesuchen in der Klinik“, sagt Professor Hiroo Koike aus Nagano, der dort über Jahrzehnte eine Versuchsstation für Apfelzucht geleitet hat und als einer der wichtigsten Apfelanbau-Experten Japans gilt.

dieser Rolle, werden Äpfel

in Japan häufig auch als Einzelexemplare gehandelt. Meist sind sie größer als europäische Äpfel und wiegen rund 300 Gramm, auch eine gleichmäßige und satte Farbgebung wird gerne gesehen. So werden sie auch weniger als Snacks für zwischendurch oder in der Kantine serviert, sondern eher bei besonderen Gelegenheiten und zu Hause verspeist. 

Auch deshalb kümmert man sich bereits beim Anbau in gewisser Hinsicht einzeln um jeden Apfel: Mit Handarbeit versuchen die Apfelbauern, das Bestmögliche herauszuholen. Dazu gehört auch das noch vor dem Eintüten angesetzte Ausdünnen. Das Entfernen von Äpfeln an Stellen, wo viele auf einmal wachsen, ist Sinnbild dafür, dass in Japan Tradition und Sorgfältigkeit gegenüber der Masse und dem damit verbundenen Ertrag stehen.

https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/elleci5_oq60_etj8_l.jpg
  • Jeder Apfel wird in Form und Farbe gehegt und gepflegt. So werden rote Sorten zur besseren Farbausbildung ungefähr 20 bis 30 Tage vor der Ernte von Hand ent-blättert: Etwa jedes zehnte Blatt in der Nähe der Früchte wird entnommen. 
  • „Ungefähr 20 Prozent der Arbeitszeit im Laufe eines Erntezyklus wird allein für diesen Arbeitsschritt aufgewendet“, sagt Koike. Zusätzlich werden die Früchte gedreht: Die Schattenseite wird der Sonne zugewandt, damit die Färbung der Äpfel gleichmäßig wird – ein weiterer wichtiger Aspekt für die späteren Kunden und Käufer. Laut Hiroo Koike beansprucht dies weitere 18 Prozent der Arbeitszeit. Häufig werden zusätzlich Reflektionsfolien ausgebreitet, um die Färbung weiter zu optimieren.
https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/elleci2_rs0q_rytw_l.jpg
  • Auf Faktoren wie Größe, Farbe und natürlich Geschmack – in Japan werden süßliche Äpfel klar bevorzugt – versucht man bereits bei der Züchtung zu achten. 
  • In etwa einem Dutzend der 45 Präfekturen Japans werden Äpfel angebaut, sie sind überwiegend im Norden der Hauptinsel gelegen. Dort ist es etwas kühler, was den Anbau von Reis erschwert: ein weiterer Faktor, der die Ansiedlung des Apfelanbaus hier begünstigt hat. 
  • In fast jeder Präfektur, wo Äpfel angebaut werden, gibt es ein eigenes Züchtungsprogramm.

In Aomori werden mehr als die Hälfte der jährlich 750.000 Tonnen Äpfel in Japan produziert, danach folgt Nagano. Aber auch Präfekturen wie Iwate und Akita sind für ihren Apfelanbau bekannt.

In Japan wurden Sorten gezüchtet, die heute auf der ganzen Welt verbreitet sind. Die bekannteste japanische Apfelsorte ist Fuji, die in Japan 60 Prozent der Apfelproduktion ausmacht.


https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/filiz_elaerts_j_c3_jpjmms_unsplash_2ren_o0rw_l.jpg

Sie entstand 1939, aber bis Fuji weltweite Bekanntheit und Verbreitung erlangte, kamen noch einige Schwierigkeiten dazwischen:

  • Durch den Zweiten Weltkrieg kam der Apfelanbau insgesamt ins Stocken;
  • 1941 zerstörte früher Frost einen großen Teil der Ernte;
  • 1944 vernichtete ein Taifun einige Bestände; 
  • 1948 kam es zu einem Preisverfall bei Äpfeln.

in den 1950er-Jahren

blühte der Apfelanbau in Japan wieder auf, 1962 wurde Fuji – benannt nicht nur nach dem berühmten Berg, sondern auch nach der Stadt Fujisaki, wo die Apfelsorte in einer Versuchsstation für Apfelzucht entwickelt wurde – zum weltweiten Star.

  • Neben Fuji sind auch andere Sorten in Anbauregionen weltweit lizenziert worden, die in Nagano gezüchtete Sorte Shinano Gold – Shinano ist der mittelalterliche Name Naganos – etwa wird heute auch in Südtirol angebaut. Die besten Früchte dieser Sorte werden 350 bis 400 Gramm schwer.
  • Ausdünnen, Eintüten, Entblättern, Drehen in die Sonne, Einnetzen. Eine Melodie aus Handarbeit und Liebe, die vielen der Äpfel anzusehen ist. Und sich am Ende auch bezahlt machen kann: In Edelboutiquen gehen besonders makellose Äpfel bei Versteigerungen manchmal für mehrere Hundert Euro über die Ladentheke.
https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/elleci1_qxdr_fwr2_l.jpg
  • Insbesondere wenn Äpfel als Geschenke gedacht sind, wird auch noch mehr Aufwand geschätzt: So werden etwa manchmal Papierstücke so zurechtgeschnitten, dass sie ein japanisches oder chinesisches Schriftzeichen für „Glück“ oder „Gesundheit“ bilden, und auf die Äpfel am Baum geklebt.
  • Oft werden mit dieser Art Scherenschnitt auch Bilder hinzugefügt, von Drachen oder Tempeln. Scheint dann die Sonne darauf, werden die Äpfel im Laufe der Zeit recht gleichmäßig rot – nur nicht dort, wo in Form der Schriftzeichen und Bilder die Schale abgeklebt wird. Hier bleibt die Schale gelb und die Bilder werden erkennbar. Als sei die Melodie der japanischen Apfelbauern in der Schale des Apfels verewigt.
  • Natürlich können solche Praktiken Staunen und mitunter auch Kopfschütteln hervorrufen: Was für eine Arbeit, dafür, dass der Apfel ja ohnehin gegessen wird! 
  • Das stimmt auf der einen Seite – aber genau dies passt zur japanischen Kultur, die auch die Vergänglichkeit als Teil des Lebenszyklus ansieht und darin keinen Grund sieht, deshalb weniger achtsam zu sein. Man könnte auch von einer gewissen „Daseinssorgfalt“ sprechen.
  • Und diese bezieht sich nicht nur auf den Apfel. Sondern es geht auch um den Apfelbauern, der sich um den Apfel kümmert. Mit Handarbeit und Liebe. CHH
https://www.fierabolzano.it/uploads/blocks/images/ipoma2022_cover_ritaglio_efpz_ofep_m.jpg
  • Gefallen dir diese Inhalte? Bist du ein Apfel-Profi oder -Enthusiast? Wenn du dich nur für dieses Thema interessierst, kannst du "Mit Liebe und Handarbeit" herunterladen. 
  • Wenn du das gesamte ipoma Ausgabe 02 lesen möchtest, kannst du es digital lesen oder auch herunterladen. Natürlich kostenlos.

  

  

Viel Spaß beim lesen!

Download "Mit Liebe und Handarbeit"

pdf (4.9 MB)
Download

Abonniere unseren Newsletter, um das ipoma Issue 03 im November 2024 zu erhalten!

Mit unserem kostenlosen Newsletter verpasst du keine Neuigkeiten über Interpoma und erhältst die neue Ausgabe des ipoma Magazins Issue 03.

Jetzt abonnieren

Wir sind für dich da