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NBTs: Wie CRISPR/Cas die Apfelzüchtung revolutionieren könnte

Foto credits: © Michael Pezzei & Patrick Schwienbacher

ipoma Ausgabe 03 präsentiert

Genetische Evolution

Sind New Breeding Techniques (NBTs) der Schlüssel zur Lösung der größten Herausforderungen der Landwirtschaft – von Krankheitsresistenz bis hin zum Klimawandel?

  • Die Evolution durch Versuch und Irrtum war schon immer die Art der Natur, sich anzupassen. Doch die Landwirtschaft braucht schnellere Lösungen, um Krankheiten, Schädlingen und der Klimakrise zuvorzukommen.
  • Hier kommen die New Breeding Techniques (NBTs), insbesondere CRISPR/Cas, ins Spiel. Wissenschaftler sind überzeugt, dass diese präzisen und effizienten Methoden zur Genom-Editierung die Apfelzüchtung revolutionieren könnten – ohne fremde Gene einzuführen.
  • Doch die Debatte um Regulierung und Verbraucherakzeptanz geht weiter.
  • Dieser Artikel beleuchtet, wie NBTs funktionieren, welches Potenzial sie bieten und welche Kontroversen sie in Europa auslösen.
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*aus ipoma Ausgabe 03, “Genetische Evolution”, Ex Libris 2024

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Für alle, die lieber zuhören, ist dieser Artikel auch als Audio-Version verfügbar. Du kannst ihn auf Spotify anhören und unterwegs entdecken, wie CRISPR/Cas die Apfelzüchtung revolutioniert.

Dr. Thomas Letschka

Dr. Thomas Letschka

Leiter der Arbeitsgruppe Züchtungsgenomik am Versuchszentrum Laimburg

NBTs führen Veränderungen wie in der Natur herbei – nur schneller und gezielter.

Dr. Thomas Letschka

Leiter der Arbeitsgruppe Züchtungsgenomik am Versuchszentrum Laimburg
Dr. Giovanni Broggini

Dr. Giovanni Broggini

Forscher für Molekulare Pflanzenzüchtung an der ETH Zürich

Wir versuchen Gene auszuschalten, die Äpfel anfällig für Krankheiten machen.

Dr. Giovanni Broggini

Forscher für Molekulare Pflanzenzüchtung an der ETH Zürich

Was sind New Breeding Techniques (NBTs)?

Ein schnellerer und präziserer Ansatz zur Apfelzüchtung

   

  • Die traditionelle Apfelzüchtung ist ein langwieriger Prozess, der oft Jahrzehnte benötigt, um Sorten zu entwickeln, die Krankheitsresistenz, Geschmack und Textur in Einklang bringen.
  • New Breeding Techniques (NBTs), wie CRISPR/Cas, bieten eine Lösung, indem sie es Wissenschaftlern ermöglichen, das Genom des Apfels präzise zu bearbeiten.
  • Im Gegensatz zur konventionellen Gentechnik, bei der fremde Gene eingefügt werden, verändern NBTs die bereits im Apfel vorhandenen Gene – sie ahmen natürliche Mutationen nach, jedoch wesentlich schneller.
  • „Damit sind neue Züchtungsmethoden gemeint, die sich klar von den klassischen gentechnischen Methoden, also GMO, abgrenzen. Es geht im Grunde darum, gewünschte Veränderungen im Genom, die in der Natur beim Züchten im Laufe von Jahrzehnten entstehen, gezielt und schnell herbeizuführen“, sagt Dr. Thomas Letschka vom Versuchszentrum Laimburg.
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Wie funktioniert CRISPR/Cas 

Die Genetische Schere revolutioniert die Landwirtschaft


  • CRISPR/Cas, die bekannteste NBT, ist ein Enzymsystem, das von Bakterien produziert wird und oft als „genetische Schere“ bezeichnet wird, da es in der Lage ist, präzise Schnitte in der DNA vorzunehmen.
  • Diese Technologie kann Gene deaktivieren, die Äpfel anfällig für Krankheiten machen, oder Resistenzen von wilden Apfelarten einfügen. Der Prozess ist hochgradig gezielt und minimiert die unbeabsichtigten Veränderungen, die bei herkömmlicher Gentechnik auftreten.
  • „Es lässt sich sehr genau steuern, das ist einer der Hauptunterschiede zur klassischen Gentechnik.“  (cit. ipoma, 2024)


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Vorteile von CRISPR/Cas in der Apfelzüchtung

    • Schnellere Züchtungszyklen: Verkürzt die Züchtungsdauer von Jahrzehnten auf nur wenige Jahre.
    • Umweltvorteile: Widerstandsfähigere Äpfel reduzieren den Einsatz von chemischen Pestiziden.
    • Verbraucherorientierte Eigenschaften: Verbessert Geschmack und Textur, während die Widerstandsfähigkeit erhöht wird.

      

    Ein Beispiel: In Zürich testet Dr. Giovanni Broggini CRISPR/Cas, um die Feuerbrandresistenz von Gala-Äpfeln zu verbessern, indem spezifische Anfälligkeitsgene deaktiviert werden.

    Glossar

    BegriffDefinition
    Cis-Genetik Wird eine Pflanze cis-genetisch verändert, werden nur Gene aus Pflanzen derselben Art eingebaut – entweder mit klassischen gentechnischen Methoden oder mit NBTs. Sie müssen von einer biologisch kompatiblen Art stammen, z. B. von einem Wildapfel, dessen Gen in eine Sorte unseres Hausapfels übertragen wird. Erhält ein Apfel hingegen ein Gen einer Tomate, dann ist er keine cis-gene Pflanze mehr.
    CRISPR/Cas Ein von Bakterien hergestelltes Enzym, das sehr gezielt an bestimmten Stellen in der DNA schneiden kann und deshalb auch „Genschere“ genannt wird. Damit lassen sich entweder gezielt einzelne Gene ausschalten, etwa Anfälligkeitsgene (sie machen Pflanzen für bestimmte Krankheiten anfälliger) oder auch gezielt Gene einbauen, etwa ein Gen einer verwandten Apfelsorte, das resistenter gegen bestimmte Pilze macht (und zwar ohne dass sich der veränderte Apfel sonst nennenswert verändert).
    Genome Editing Überbegriff für alle technologischen Methoden, mit denen das Genom editiert wird, ohne Fremdgene hinzuzufügen. Dazu zählen NBTs wie CRISPR/Cas.
    New Breeding Techniques (NBTs) Züchtung mithilfe neuer Technologien, die bekannteste ist CRISPR/ Cas. Dabei wird gezielt in die DNA eingegriffen und nur so, wie es in der Natur durch spontane Mutationen auch passieren könnte. Dies unterscheidet NBTs von klassischen gentechnischen Methoden (Transgenetik). In der EU tendiert man daher aktuell dazu, NBTs nicht der klassischen Gentechnik gleichzustellen.
    Prinzip der substantiellen Äquivalenz Anders als beim Vorsorgeprinzip wird hier vor allem das Endprodukt bewertet. Die Prozesse, die zu seiner Entstehung führen, spielen kaum eine Rolle. Dieses Prinzip geht davon aus, dass ein neu entwickeltes Lebensmittel genauso sicher ist wie ein bereits existierendes, wenn es die gleiche Zusammensetzung aufweist. Das Prinzip ist u. a. in Nord- und Südamerika verbreitet.
    Transgenetik klassische gentechnische Methode. Artfremde Gene werden von einem Organismus in einen anderen, z. B. in eine Pflanze, transferiert. Heute wird der Begriff häufig als Synonym für alle klassischen Gentechnik-Methoden verwendet. Zum Anbau zugelassen sind bisher mit Transgenetik veränderte Pflanzenarten wie Soja, Mais, Baumwolle und Raps. Bei Konsumenten vor allem in Europa stößt die Methode häufig auf Ablehnung. In Europa müssen transgenetische Pflanzen – genetically modified organisms, kurz GMO – gekennzeichnet werden.
    Vorsorgeprinzip Dieses Prinzip gibt bei der Gesetzgebung in Europa zum Thema Gentechnik die Richtung vor. Es betrachtet nicht nur das Endprodukt, sondern auch die Prozesse, die zur Entstehung des Produkts geführt haben.
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    Die Regulierungsdebatte in Europa

    NBTs und Gentechnik-Gesetzgebung: Wo steht CRISPR/Cas?


    • Bisher hat in Europa noch niemand eine Zulassung für einen Apfel beantragt, der mithilfe von CRISPR/Cas verbessert wurde.
    • In der EU werden NBTs wie CRISPR/Cas derzeit unter denselben strengen Gesetzen wie GVOs reguliert, was die Zulassung kostspielig und komplex macht.
    • Die Europäische Kommission erwägt jedoch, NBTs den herkömmlichen Züchtungsmethoden gleichzustellen. Dies würde die Hürden senken und die Einführung fördern.
    • „Wenn dieses Gesetz tatsächlich EU- weit umgesetzt wird, könnte das für NBTs in Europa einen Durchbruch bedeuten“, bemerkt Letschka.
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    Herausforderungen und Kritik

    Verbraucherakzeptanz und Risikobewertung

      

    • Kritiker bemängeln, dass die aktuellen Vorschläge der EU keine umfassenden Risikobewertungen für NBT-Pflanzen vorsehen. Auch die Debatten über eine Kennzeichnungspflicht gehen weiter, wobei einige behaupten, dass eine verpflichtende Kennzeichnung die Kosten erhöhen und Verbraucher abschrecken könnte. Andere halten Transparenz jedoch für entscheidend, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen.
    • „Eine umfassende Risikobewertung muss der Zulassung vorausgehen; diesen Schritt zu überspringen, ist unverantwortlich,” warnt Jan Plagge, Präsident von Bioland.
    • Während Europa noch diskutiert, gehen andere Länder bereits voran. In den USA sind mit CRISPR bearbeitete Äpfel, die nach dem Schneiden nicht braun werden, bereits unter der Marke Arctic® auf dem Markt. In Japan wurden mit CRISPR bearbeitete Tomaten mit gesundheitlichen Vorteilen eingeführt.
    • Diese Beispiele zeigen, wie die Technologie die Landwirtschaft weltweit verändern könnte, während Europa an einem Scheideweg steht.

    Blick in die Zukunft

    Werden NBTs die Apfelzüchtung in Europa revolutionieren?


    • Die Zukunft der Apfelzüchtung liegt in schnelleren und präziseren Methoden wie CRISPR/Cas. Durch die Verbesserung der Krankheitsresistenz und die Reduzierung des Pestizideinsatzes könnten diese Innovationen dazu beitragen, klimatische und landwirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.
    • Ihr Erfolg hängt jedoch von der Akzeptanz der Verbraucher und der regulatorischen Unterstützung ab. Während Europa über ihre Klassifizierung diskutiert, ist eines klar: Das Potenzial von NBTs, die Apfelzüchtung zu transformieren, ist enorm.
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      Viel Spaß beim Lesen!

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