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Gesund bauen und wohnen

KLIMAHOUSE CONNECTS

Eine neue Architektur nach Corona

Beim Neubau bzw. der Renovierung von Gebäuden ist die Sicherheit der Bewohner vor allem in Hinsicht auf gesundheitliche Aspekte eine der größten Herausforderungen für das Bauwesen der Zukunft. Es reicht nicht mehr aus, nur auf die (Energie)Effizienz von Häusern zu schauen: künftig wird die gesundheitliche Unbedenklichkeit oder sogar deren Förderung die Messlatte für gutes Bauen sein. Doch wie schaffen wir ein gesundes Wohnambiente? Reicht es dafür aus, auf "natürliche" Materialien zurückzugreifen? Werden die Wohnungen der Zukunft auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner "maßgeschneidert" werden?

Die nationale Leitmesse Klimahouse organisiert zum Thema „Gesund Bauen und wohnen“ eine Reihe von vier Online-Veranstaltungen. Die Initiative wird in Zusammenarbeit mit Home, Health & Hi-Tech veranstaltet, einem Kommunikationsprojekt zur Ausbildung und Information bezüglich Gesundheitsaspekten von Innenräumen - ein mehr als aktuelles Thema angesichts des Corona-Notstandes.

4 Termine
12 Experten
360 Minuten geballtes Fachwissen

Was haben wir bisher gelernt?

  1. Vor der Entwicklung der Chemie als Wissenschaft und Industrie wie wir sie heute kennen, kamen rund 150 unterschiedliche chemische Stoffe in der Natur vor. Nach den letzten Schätzungen können wir heute weltweit von einem Vorkommen von rund 400.000 Chemikalien ausgehen.
  2. Diese Entwicklung hat natürlich große Auswirkungen besonders auf unsere Gesundheit - Stichwort umweltbedingte Erkrankungen, denn keine Spezie ist in der Lage, sich innerhalb von eineinhalb Generationen auf eine solche Veränderung einzustellen.
  3. Noch komplexer wird diese Materie aufgrund der Wechselwirkungen tausender vorhandener Substanzen, unterschiedlicher Dosierungen sowie persönlicher/genetischer Unterschiede.
  4. Weltweit schätzt man die Zahl an Menschen, die aufgrund oder in Kombination mit umweltbedingten Erkrankungen frühzeitig versterben auf fast 3 Millionen pro Jahr.
  5. Auch natürliche – d.h. in der Natur vorkommende - Stoffe können aufgrund immanenter Eigenschaften oder von Verunreinigungen schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben – Stichwort Radon in Lehm (siehe dazu die nächste Folge des Webinars am 18. Juni)

Fazit: Die Herangehensweise an die Problematik und etwaige Lösungen müssen transversal sein und viele verschiedene Fachrichtungen einbinden von Architektur über Medizin bis hin zur Bauindustrie.

Die Erkenntnisse der zweiten Folge

  1. Die Luft in Innenräumen ist im Durchschnitt 5-mal stärker verschmutzt als die Luft im Freien – ausgenommen in der Nähe von Hauptdurchzugsstraßen, Fabriken usw.
  2. Die Hauptschadstoffe sind flüchtige organische Verbindungen, d.h. Gase, Dämpfe, Schimmelpilzsporen und Mikropartikel, die zum Teil giftig sind.
  3. Das einfachste und beste Mittel um VOCs* abzubauen ist, die Räumlichkeiten häufig zu lüften – vorausgesetzt die Außenluft ist nicht stark verschmutzt (siehe Punkt 1).
  4. Sofern ein Luftaustausch nicht möglich ist, muss auf eine Sterilisierung durch mechanische Verfahren (z.B. physikalische Filter kombiniert mit VMC Controlled Mechanical Ventilation) oder Mischsysteme auf der Basis natürlicher Substanzen wie Kalk, photokatalytische Farben oder Ozon zurückgegriffen werden.
  5. Mit Covid-19 kontaminierte Räumlichkeiten, in denen Menschen weiterhin arbeiten (Krankenhäuser, Altersheime usw.), können wie oben beschrieben saniert werden. Umgebungen, in denen sich keine Menschen aufhalten, können dagegen mit Hilfe von starken chemischen Oxidationsmitteln saniert werden: nach einer 48-stündigen Wirkphase müssen die Umgebungen allerdings lange gelüftet werden.

Fazit: Um ein gesundes Raumklima zu schaffen, ist es notwendig, die Innenräume regelmäßig zu lüften, die VOCs niedrig zu halten und sie gegebenenfalls mit speziellen Verfahren zu eliminieren.

*Flüchtige organische Verbindungen (englisch volatile organic compounds, kurz VOC) ist die Sammelbezeichnung für organische,
also kohlenstoffhaltige Stoffe, die bei Raumtemperatur oder höheren Temperaturen durch Verdampfen (umgangssprachlich „Verdunsten“) in die Gasphase übergehen, also flüchtig sind.

Was ist Biophilie und wie kann sie uns helfen, besser zu leben?

  1. Der Mensch besitzt eine angeborene Neigung, sich für das Leben und alles Lebendige zu interessieren: dies ist kurz gesagt die wissenschaftliche Hypothese der Biophilie, einer Theorie, die vor vielen Jahrzehnten von Biologen und Psychologen formuliert wurde. In der Architektur findet sie mehr und mehr experimentelle Bestätigung.
  2. Laut der Université de la Vallée d'Aoste bezieht sich diese wissenschaftliche Hypothese auf 7 Faktoren von Innenräumen: Licht, Raum, Luftströmungen, Aussicht, Pflanzen, Stimulation von Neugier und Materialien.
  3. Eine korrekte Kombination dieser Elemente reduziert Stress, beschleunigt die geistige Regenerationsfähigkeit, hilft bei der Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten im Entwicklungsalter und stärkt die psychophysische Gesundheit in allen Altersgruppen.

Einige Experimente haben bereits klare und positive wissenschaftliche Ergebnisse erbracht:

  • Die Schule der Trinitè Vallè in Gressoney im Aostatal ist die erste nach den Prinzipien der Biophilie gebaute Schule in Italien und erinnert an die das Projekt Biosphera - das bereits im Rahmen der Klimahouse in Bozen vorgestellt wurde - hat die Erholungszeit des Aufmerksamkeitsdefizits der Schüler um 35 bis 42% beschleunigt.
  • Die Green School Bali in Indonesien - eine Schule mitten im Urwald hat den Unterricht im Freien eingeführt, um Aufmerksamkeitsdefizite und psychische Überlastung bei Kindern durch Aktivitäten wie Grünflächen- und Tierpflege, Anbau und Verzehr von Bio-Lebensmitteln zu bekämpfen.
  • Unterschiedliche, von der Biophilie inspirierte, Arbeitsumgebungen reduzieren Stress und erhöhen die Produktivität der Arbeitnehmer um bis zu 15%.

Fazit: biophile Ansätze in der Architektur stärken die Verbindung des Menschen mit seiner natürlichen Umwelt und steigern seine Gesundheit, Widerstandsfähigkeit und sein Wohlbefinden.

Slideshow Green School Bali

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Photo Courtesy Green School Bali 2020

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